Was sind die Ziele des Projekts MobilSorglos?
Mit dem Projekt MobilSorglos wollten die Gemeinde Herscheid und die Stadt Plettenberg neue Wege der Versorgung ihrer älteren Bürgerinnen und Bürger erproben. Das Projekt wird inzwischen durch das DRK Plettenberg fortgeführt.
Nicht zuletzt hat die Corona-Krise gezeigt, welche große Rolle mobile Lieferdienste aber auch digitale Angebote für die Daseinsvorsorge spielen können. Gerade in ländlichen Regionen mit weiten Wegen können bestehende Dienstleistungen digital, d.h. über das Internet, ausgeweitet und unterstützt werden.
Da aber nicht alle älteren Menschen das Internet nutzen, soll mit dem Projekt MobilSorglos das Internet vor ihre Haustür gebracht werden. Vor allem bewegungseingeschränkte, ältere Menschen sollen durch das Projekt in zweifacher Hinsicht profitieren:
Das MobilSorglos A ist ein kleiner Transportwagen, der mit Hilfe von speziell geschulten Fahrerinnen und Fahrern vor allem älteren, bewegungseingeschränkten Menschen Produkte des täglichen Lebens, wie Lebensmittel, nach Hause bringt. Diese können ein paar Tage vorher telefonisch oder über das Internet bestellt werden.
Das MobilSorglos B war ein umgebauter Wohnwagen, der vor der Wohnung älterer Menschen parkt. In einem abgetrennten Bereich können über das Internet, über sogenannte Videosprechstunden, Dienstleistungen unterschiedlicher Art erbracht werden. So können z.B. ältere Menschen mit ihrem Hausarzt oder ihrer Fachärztin sprechen oder die Pflegeberatung des Märkischen Kreises in Anspruch nehmen. Bei der Nutzung der Technik helfen speziell geschulte Menschen und die Videosprechstunden selbst werden unter Wahrung des Datenschutzes durchgeführt. Die Dienstleistungen bzw. Videosprechstunden mit den verschiedenen Anbietern können ein paar Tage vorher gebucht werden.
Wie kann MobilSorglos ältere, bewegungseingeschränkte Menschen in Herscheid und Plettenberg unterstützen?
Beispiel A: Frau Meier in Herscheid
Frau Meier ist 79 Jahre alt, verwitwet und alleinstehend. Sie lebt in ihrem Haus in Herscheid-Niederholte, hat Pflegegrad 1 und aktuell einen gebrochenen Fuß. Deswegen kann sie ihr Auto nicht benutzen, um einzukaufen oder zu Ärzten zu fahren. Die Linien des Bürgerbusses decken ihr Dorf nicht ab und den ehrenamtlichen Unterstützungsdienst „Wohl zu Hause“ gibt es nur in Plettenberg. Ihre Nachbarin besorgt für sie Lebensmittel, kann aber selbst nicht schwer tragen. Frau Meier nutzt das MobilSorglos A, um sich Kartoffeln, Getränke und andere schwere Grundnahrungsmittel nach Hause bringen zu lassen. Manchmal bringt ihr das Mobil auch Essen von einem Restaurant in der Nähe vorbei.
MobilSorglos B fährt bei ihr zu Hause vorbei und bietet über eine Videosprechstunde eine Pflegeberatung des Märkischen Kreises an.
Eine mitfahrende Versorgungsassistentin ihrer Hausärztin nimmt ihr Blut ab und überprüft ihren Allgemeinzustand. Nachdem der Gips endlich entfernt wurde, sie aber noch immer nicht selbst Auto fahren kann, spricht sie mittels Videosprechstunde mit ihrem Orthopäden aus einer Nachbarkommune, der sich dann auch gleich anschaut, wie ihre Wunde verheilt. Die Angebote des MobilSorglos tragen dazu bei, dass Frau Meier trotz ihrer Verletzung in den eigenen vier Wänden bleiben kann, bis sie wieder gesund ist und nicht zu ihrer berufstätigen Tochter nach Dortmund ziehen muss.
Beispiel B: Herr Müller in Plettenberg
Herr Müller ist 81 Jahre, verwitwet und alleinlebend. Er lebt in seinem Haus in Plettenberg-Selscheid, hat Pflegegrad 1 und eine beginnende dementielle Erkrankung. Sein Auto musste er abschaffen, deswegen ist er nicht mehr mobil. Die Linien des Bürgerbusses decken sein Dorf nicht ab und bei dem Projekt „Wohl zu Hause“ steht er auf der Warteliste.
Seine Nachbarin besorgt für ihn Lebensmittel, kann aber selbst nicht schwer tragen. Herr Müller nutzt das MobilSorglos A, um sich Getränke, Hundefutter und Konserven nach Hause bringen zu lassen. Manchmal bringt ihm das Mobil auch Essen von einem Gasthof und frisches Gemüse direkt vom Erzeuger vorbei.
MobilSorglos B fährt bei Herrn Müller zu Hause vorbei und bietet über eine Videosprechstunde eine Pflegeberatung des Märkischen Kreises an. Bei dieser Beratung schaltet sich sein in Hamburg lebender Sohn dazu. Es wird ein ambulanter Pflegedienst beauftragt. Als es ihm zwischenzeitlich schlechter geht, kommt mit dem MobilSorglos B eine Versorgungsassistentin seines Hausarztes zu ihm, nimmt Blut ab und überprüft seinen Allgemeinzustand.
Schließlich helfen ihm auch Ehrenamtliche von „Wohl zu Hause“ seinen schwieriger werdenden Alltag zu bewältigen.
Mit der Unterstützung des Pflegedienstes, den Ehrenamtlern von „Wohl zu Hause“ und MobilSorglos kann Herr Müller noch ein Jahr in seinen eigenen vier Wänden bleiben, bis er bei fortschreitender Demenz schließlich in ein Pflegeheim umzieht.
Stimmen zu MobilSorglos
„Mit MobilSorglos erhalten nun alle, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind – also vor allem ältere, behinderte oder führerscheinlose Menschen – besseren Zugang zu Angeboten der Daseinsvorsorge sowie zum gesellschaftlichen und kulturellen Leben. Dadurch gewinnen sie ein Stück Freiheit und Lebensqualität. Hervorheben möchte ich außerdem, dass dieses Projekt bereits vorhandene Strukturen die Bürgerbusvereine oder den Dorfladen gezielt mit einbindet. Dadurch wird deutlich: Hier handelt es sich um ein echtes Gemeinschaftswerk – und damit um bürgerschaftliches Engagement im besten Sinne.“
Dr. Matthais HeiderMdB, Pressemeldung vom 09.04.2020
„Ein rundum vorzeigbares sowie zukunftsweisendes Projekt welches nun zu Recht eine Förderung erhält. Herzlichen Glückwunsch an die Gemeinde Herscheid!“
Nezahat BaradariMdB, Süderländer Tageblatt 25.04.2020
„Ich freue mich, dass unser gemeinsames Gesundheits- und Pflegenetzwerk Plettenberg-Herscheid ein weiteres, zukunftsweisendes Projekt hervorgebracht hat. Ich betrachte MobilSorglos als Chance, die schon vorhandenen Unterstützungsmöglichkeiten älterer Menschen, wie beispielsweise „Wohl zu Hause“, um weitere Angebote zu ergänzen. Wir wollen keine Konkurrenz, sondern sind der festen Überzeugung, dass wir gemeinsam noch stärker werden – für das Wohl unserer Bürgerinnen und Bürger.“
Ulrich SchulteBürgermeister der Stadt Plettenberg, 24.06.2020
Wie ist die Vorgehensweise des Projekts?
Das Projekt MobilSorglos war absolutes Neuland. Es gab keine Erfahrungswerte, auf die wir zurückgreifen konnten. Deswegen wurde Vieles im Verlauf des Projekts erprobt, um zu schauen, wie dieses neue Angebot optimal entwickelt werden konnte und wie die Bedarfe der Menschen sind.
Denn für ein funktionierendes MobilSorglos braucht es:
- ältere Menschen, die die Angebote in Anspruch nehmen
- Anbieter von Waren (z.B. der Dorfladen in Herscheid) und Dienstleistungen (z.B. Ärzte), die mitmachen, und nicht zuletzt
- geschulte Menschen, die die beiden Mobile fahren und älteren Menschen bei der Nutzung der Technik behilflich sind.
Maßnahmen und Phasen des Projekts
Es werden verschiedene Maßnahmen durchgeführt, um das MobilSorglos im wahrsten Sinne des Wortes auf die Straße zu bringen.
Phase 1:
Phase 1 ist die Vorbereitungsphase. Sie dauerte bis Frühjahr 2021 und umfasste die folgenden Maßnahmen:
- Durchführung einer Bedarfsanalyse in Form eines schriftlichen Fragebogens, um zu ermitteln, welche Produkte und Dienstleistungen ältere Menschen in der Altersklasse 75+ über das MobilSorglos in Anspruch nehmen würden
- Ermittlung der Anbieter von Waren und Dienstleistungen, die sich am Projekt beteiligen wollen
- Gewinnung der Fahrerinnen und Fahrer der beiden Mobile, die mit Blick auf die Unterstützung älterer Menschen geschult werden
- Aufbau einer Internetseite und einer Vermittlungsplattform
- Entwicklung eines Dienstleistungskonzepts für die beiden Mobile A und B
Phase 2:
Phase 2 ist die Testphase. Sie ist für das MobilSorglos A (Bringdienst) im April 2021 gestartet.
Für das MobilSorglos B (mobile Beratungsdienstleistungen über Videokommunikation) ist die Erprobungsphase im März 2022 gestartet.
Phase 3:
Phase 3 ist die Endphase des geförderten Projekts. Hier wird geschaut, ob und wie sich das Projekt in einen Regelbetrieb überführen lässt. Dafür müssen Geschäftsmodelle entwickelt werden. Des Weiteren werden Befragungen mit älteren Menschen, den Anbietern von Waren und Dienstleistungen und den Fahrerinnen und Fahrern der beiden Mobile durchgeführt. Damit wird überprüft, wie die Dienstleistungen von MobilSorglos ankommen und wie sie ggf. verbessert werden können.
Wie funktioniert eine Videosprechstunde
MobilSorglos verband Sie über eine Videokommunikation z.B. mit Ihrem Arzt, der Gemeinde oder einem der angeschlossenen Dienstleister. Das MobilSorglos ist mit der kompletten Technik für die Videosprechstunde ausgestattet – Sie müssen einfach nur in den abgetrennten Beratungsbereich kommen oder der Fahrer bzw. die Fahrerin kommt zu Ihnen nach Hause.
Wie funktioniert die Bestellung von Waren und mobilen Dienstleistungen
Wählen Sie Produkte und Dienstleistungen aus der regelmäßig aktualisierten, gedruckten Übersicht aus und rufen Sie an. Oder bestellen Sie direkt über den speziell für die Region Herscheid und Plettenberg geschaffenen Online-Marktplatz. Ihre Bestellung können Sie auch beim Fahrer oder der Fahrerin des MobilSorglos aufgeben.
Wer steht hinter dem Projekt MobilSorglos?
MobilSorglos wird durch das DRK Plettenberg in Kooperation mit HeymerConsult aus Meschede betrieben.
Wie wurde das Projekt MobilSorglos ins Leben gerufen?
Die Gemeinde Herscheid hat das Projekt inhaltlich entwickelt und in vielen Vorgesprächen mit unterschiedlichen Akteuren diskutiert und angepasst. Es wurde dem Sozialausschuss der Gemeinde Herscheid und dem Gesundheitsausschuss der Stadt Plettenberg präsentiert. Beide Ausschüsse sprachen sich für das Vorhaben aus. Eingebettet ist das Projekt in das Gesundheits- und Pflegenetzwerk Plettenberg-Herscheid.
Es richtet sich überwiegend an bewegungseingeschränkte, ältere Bürgerinnen und Bürger der beiden Kommunen, kann aber auch von anderen Menschen genutzt werden.
Das Projekt MobilSorglos wurde im Rahmen des Bundesprogramms „Ländliche Entwicklung – LandMobil“ vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert.